"Wenn am Sonnabend abends im 6 Uhr die Glocken der Gefängniskirche läuten, dann ist das schönste Augenblick, um nach Hause zu schreiben. Es ist merkwürdig, was für eine Gewalt die Glocken über den Menschen haben und wie eindringlich sie sein können. Es verbindet sich so vieles aus dem Leben mit ihnen. Alles Unzufriedene, Undankbare, Selbstsüchtige schwindet dahin. Es sind lauter gute Erinnerungen, von denen man auf einmal wie von guten Geistern umgeben ist; als erstes sind es immer stille Sommerabende in Friedrichsbrunn, die mir gegenwärtig werden, dann all die verschiedenen Gemeinden, in denen ich gearbeitet habe, dann die vielen schönen häuslichen Feste, Trauungen, Taufen, Konfirmationen – morgen wird mein Patenkind konfirmiert! - man kann es gar nicht aufzählen, was da alles lebendig wird."
Dietrich Bonhoeffer: Aus Widerstand und Ergebung, Brief vom 3. Juli 1943
Aus einem Schreiben von Landeskirchenmusikdirektor und staatlichem Glockensachverständigen Professor Friedrich Högner vom 23. Dezember 1957:
"Der für die Aufnahme von Glocken vorgesehene Raum vermag leider nur zwei Glocken aufzunehmen. Eine kleine Glocke kann zusätzlich im Dachreiter untergebracht werden. Es empfiehlt sich für die Gethsemanekirche zwei große Glocken anzuschaffen in der Quartendisposition e'plus o, a'plus o (um eine Wiederholung der benachbarten Geläute zu vermeiden).
Nachdem der Glockengießermeister Schilling den Auftrag erhalten soll, kann damit gerechnet werden, daß das Quartenintervall durch eine kräftig resonierende Mollterz g' der großen Glocke überbrückt wird. Bezüglich der angegebenen Gewichte darf der Firma vertraut werden (etwa 900 kg und 410 kg). Eine kleine g'' Glocke im Dachreiter mit 75 kg vermag durch ihre Unteroktave die Mollterz der großen Glocke zu stützen.
Die vorgesehene Disposition ist ungewöhnlich, aber angesichts der räumlichen Verhältnisse die möglichst beste. Bezüglich der Gewichte möge der Architekt oder der Statiker befragt werden."
Schon am 26. März 1958 wurde das Gutachten von Professor Friedrich Högner verfasst:
"Am 13.3.1958 habe ich auftragsgemäß auf dem Grundstück der Firma F.W. Schilling in Heidelberg die drei neuen Glocken der amtlichen Abnahmeprüfung unterzogen. Die drei Glocken sind äußerlich in bester Ordnung. An den Oberflächen, Gußhäuten, Inschriften war nichts zu beanstanden. Die Klöppel waren noch nicht montiert.
Die Inschriften in geschmackvollen lateinischen Typen lauten
bei I (unter der Haube): 'Dein Wille geschehe', anschließend (in deutschen Typen) 'Lukas 22, Vers 42'
bei II (unter der Haube): 'Dein Reich komme', anschließend (in deutschen Typen) 'Lukas 11 Vers 2'
bei III (unter der Haube): 'Dein Name werde geheiligt', anschließend (in deutschen Typen) 'Lukas 11 Vers 2'.
Über dem Wulst trägt jede Glocke das Gießereizeichen und die Jahreszahl 1958.
Die Nachhallwerte sind in bester Ordnung und entsprechen den in den Limburger Thesen festgesetzten Normen. Man beachte bei diesem Geläute die sehr guten Proportionen der Abklingzeiten jeder Glocke und auch im Verhältnis der Glocken zueinander! Ausgezeichnete Relationen!
Als Gesamturteil kann festgestellt werden, daß auch dieses neue Geläut der Firma F.W. Schilling ein sehr gutes Geläute geworden ist und daß der Glockengießer die Gemeinde reell bedient hat. Die Disposition fällt aus dem Rahmen des Üblichen heraus. Trotzdem ist es der Kunst des Meisters Schilling zu verdanken, daß die Gethsemanekirche ein würdiges Geläut erhalten hat."