Schöpfungsandachten 2023

Gedanken zum 8. Dezember 2023
von Pfarrer Ralf Honig

Schnee

Schnee im Englischen Garten
Bildrechte Ralf Honig

 

Schnee im Englischen Garten, Schnee in Hülle und Fülle, wie schon lange nicht mehr. Nicht nur Kinder lieben weiße Weihnachten. Sehr häufig ist dieser Wunsch in der Vergangenheit ja nicht in Erfüllung gegangen. Und im Zeichen der Klimakrise und der Wetterextreme ist die Wahrscheinlichkeit, dass es im Winter kontinuierlich schneit, noch weit geringer.

Neben aller Romantisierung des Winters hat der Schnee ja auch etwas Heilsames für die ganze Schöpfung. Es wird stiller. Es gibt keinen Verkehrslärm. Unter einer weißen Decke kommt die Natur zu Ruhe. Sie kann Kraft sammeln. Der Rhythmus des Lebens verlangsamt sich.

Schnee ist einfach schön. Schneekristalle lassen uns mit ihren unendlich variantenreichen Formen und ihrer Leichtigkeit auch immer wieder staunen. Aber die Schneeflocken sind auch ganz schön mächtig. Das haben wir in der vergangenen Woche gespürt. Millionenfach aufgehäuft können sie Chaos anrichten, ganze Regionen von der Versorgung abschneiden oder als Lawinen ins Tal donnern. Die pure Menge ist dafür entscheidend.

Positiv gewendet kann das auch Mut machen. Davon erzählt eine alte Fabel. „Was wiegt eine Schneeflocke?“ fragt die Meise die Taube. „Nicht viel mehr als nichts“, antwortet diese. „Dann muss ich dir aber eine wunderbare Geschichte erzählen“, entgegnet die Meise. „Aus Langeweile habe ich mal die Schneeflocken gezählt, die auf die Zweige und Nadeln einer Fichte gefallen sind. Es waren genau 3.741.902. Als die nächste Flocke gefallen ist, nicht viel mehr als nichts wiegend, ist der Ast abgebrochen.“ Und die Taube, seit Noahs Zeiten Spezialistin für den Frieden, meinte: „Vielleicht fehlt nur eines einzigen Menschen Stimme zum Frieden in der Welt!“

Alleine sind wir auch in Sachen Bewahrung der Schöpfung schwach. Doch nur eine Stimme kann in einer Diskussion eine Kehrtwende herbeiführen. Es kommt auf jeden und jede von uns an. Vielleicht fehlt auch nur noch eine einzige Stimme, damit wir Menschen angesichts der Klimakrise endlich umkehren. Vielleicht ist es genau unsere.

 

Gedanken zum 10. November 2023
von Pfarrer Ralf Honig

Hoffnungslichter

Hoffnungslichter
Bildrechte Ralf Honig

Die Tage werden jetzt im November immer kürzer und immer dunkler. Wir Menschen sehnen uns verstärkt nach Licht in der Finsternis. Das ist jetzt im Herbst im wörtlichen Sinne so. Und es ist in diesen hoffnungsarmen Zeiten mit den ganzen schlimmen Nachrichten auch im übertragenen Sinne so. Wir sehnen uns angesichts so vieler Horrorszenarios so sehr nach Licht in der Finsternis.

Kerzenlicht tut da richtig gut. Es ist nicht grell, sondern eher unscheinbar. Und doch ist es warm und kräftig. Und das schönste: Es wird nicht weniger, wenn wir es teilen, sondern mehr. An einer Kerze können wir unendlich viele andere Kerzen anzünden, und das Licht breitet sich immer weiter aus.

Es ist genauso wie mit der Liebe: Auch die wird immer mehr, wenn wir sie teilen, wenn wir sie an andere weitergeben. Was für ein schönes Zeichen dafür, dass wir miteinander etwas bewegen können, dass wir gemeinsam stark sind, dass sich durch gemeinsames Tun Hoffnung ausbreitet gegen alle Gefühle der Resignation und Ohnmacht.
 
Auch Gottes Schöpfung sehnt sich nach Erlösung und Heil, nach Licht in der Finsternis. Auch sie braucht uns, die wir ja selber Teil der Schöpfung sind. Klimakatastrophe und Untergangsstimmung sollen in Gottes Namen nicht das letzte Wort behalten, auch wenn alles dagegen zu sprechen scheint. Gott gibt uns noch immer die Gelegenheit zur Umkehr von unserem selbstzerstörerischen Weg.

Wir selber können miteinander in Gottes Namen durch mutigen Handeln Hoffnungslichter in dieser Welt sein, einander entflammen und signalisieren: Seht her! Wir sind nicht allein. Wir sind viele. Es ist noch nicht zu spät.

 

Gedanken zum 13. Oktober 2023
von Pfarrer Ralf Honig

Goldener Oktober

Goldener Oktober
Bildrechte Ralf Honig

Goldener Oktober. Die Sonne zeigt noch einmal ihre Kraft. Sie lässt die Herbstblätter leuchten. Der Himmel ist blau - wie schön!

Und welch ein Privileg, dass wir in unseren Breiten noch immer den Wechsel der Jahreszeiten erleben dürfen! Den Frühling mit dem neu erwachenden Leben, den Sommer mit seiner Ausgelassenheit, den Herbst mit seinen phantastischen Farben, den Winter mit seiner Ruhe für die Schöpfung. So muss Gott das gemeint haben, als er am Ende der Sintflut gesagt hat: „Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“ (1. Mose 8, 22)

Wie lange wird das noch so sein? Unser Planet wird immer heißer. Die letzten Gletscher schmelzen, der Meeresspiegel steigt, Wetterextreme werden immer häufiger. Die Jahreszeiten geraten aus dem jahrtausendealten Rhythmus. In kurzer Zeit hat der Mensch es geschafft, das Gleichgewicht in der Schöpfung zu zerstören. Lange haben wir das trotz aller Mahnungen der Wissenschaft verdrängt. Aber jetzt ist es unübersehbar, und auch wir im wohlhabenden Teil unserer Erde spüren die Folgen unseres rücksichtslosen Tuns. Alle globalen Krisen von der Klimaveränderung über Fluchtbewegungen, Kriege und Armut hängen miteinander zusammen. Wir können uns nicht länger aus der Verantwortung stehlen.

Brauchen wir eine neue Sintflut? Oder machen wir unsere Sintfluten nicht sogar längst selber und zerstören mit der Schöpfung auch die Lebensgrundlagen für uns Menschen? Was muss noch geschehen, damit wir umkehren? Gott meint es doch so gut mit uns und seiner ganzen Schöpfung! Sein lebensdienlicher Wille soll uns vor Resignation bewahren und uns endlich zum mutigen Handeln bewegen. Es kommt in Gottes Namen auf uns alle an.

 

Gedanken zum 15. September 2023
von Pfarrer Ralf Honig

Windkraft

Windkraftwerke an der Nordseeküste. Viel zu lange wurde Stromerzeugung aus dieser Naturkraft von manchen kritisch gesehen und der Ausbau blockiert. Die Diskussionen drehten sich um Abstandsregelungen und angebliche Landschaftsverschandelung - was für ein Hohn im Blick auf die brutale Naturzerstörung durch Kohleabbau! In Zeiten der Klimakrise wird aber immer deutlicher, welche Energie in dieser Naturkraft steckt.

Der Wind ist ein großes Geschenk Gottes. Nicht nur, dass er Windräder antreibt und für Frischluftzufuhr sorgt. Er kann auch unsere Hirne durchpusten und uns verändern. Wir spüren ja, wie nötig wir eine Neuausrichtung unseres Denkens und Tuns brauchen. Als einzelne Menschen und als politisch Verantwortung Tragende müssen wir uns in Bewegung setzen lassen. Wir brauchen einen neuen Geist.

In der Bibel wird der Geist Gottes auch mit dem Wind verglichen. An Pfingsten bringt der Hei-lige Geist die entmutigten Jüngerinnen und Jünger in Bewegung. Alle Angst verschwindet. Sie treten mit einem Mal mutig nach draußen. Sie sind begeistert, vom Geist Gottes erfasst. Verschlossene Fenster und Türen öffnen sich. Neue Wege werden beschritten.

So einen pfingstlichen frischen Wind brauchen wir, braucht unsere ganze Welt auch jetzt dringend. Die Kraft des Windes erinnert uns an die Kraft des Geistes Gottes - vielleicht gerade an einem stürmischen Tag im beginnenden Herbst. Möge er uns zur Umkehr ermutigen und befähigen. Möge er uns Auswege aus der Hoffnungslosigkeit zeigen. Möge er kräftig in uns zur Wirkung kommen.

Heute am 15. September 2023 ist wieder globaler Tag des Klimastreiks mit vielen Demonstrationen und Aktionen, auch hier in München. Wir verbinden uns mit allen Menschen auf der Welt, die sich für eine lebenswerte Zukunft auf unserem Erde einsetzen.

 

Gedanken zum 18. August 2023
von Pfarrer Ralf Honig

Gleichnis Sonnenblume

Die Sonnenblume ist eine wunderbare und strahlend schöne Pflanze. Sie lebt wie jede Pflanze von der Sonne. Sie sieht ihr auch sehr ähnlich und richtet sich an ihrem Stand aus.

Sie ist ein Gleichnis für Gott, der selber die Sonne unseres Lebens ist. Wenn wir uns nach seinem Willen ausrichten, fallen unsere Schatten, unsere dunklen Seiten, hinter uns.

Wir staunen über ihr Wachstum, vom Keim bis zur Blüte. Wenn die Samen ausgereift sind, wird ihr Blütenkopf schwer und neigt sich. Was wie Schwäche aussieht, leitet die fruchtbarste Zeit ein. Sie gibt ab, was neu wachsen kann. Ein schönes Zeichen für uns Menschen: Wo wir abgeben und unseren ausbeuterischen Lebensstil ändern, wo wir uns gleichsam vor dem Leben verneigen und der Schöpfung dienen, wächst Segen heran.

Die Blüten und Kerne sind in einem tragfähigen stabilen Netz angeordnet. Wenn einige Kerne herausgenommen werden, sitzen die anderen lockerer. Wenn wir aber als Gemeinschaft verlässlich beim Bewahren der Schöpfung mitmachen, fühlen sich einzelne nicht schwach und allein gelassen. Wir halten und stärken uns dann vielmehr gegenseitig. Jede und jeder ist dabei wichtig.

Die Sonnenblume sorgt für ein frohes Gemüt bei uns. Sie strahlt Freude und Zuversicht aus. Sie ist auch nicht knauserig, sondern lässt zu, dass Vögel ihre Samen stibitzen. Vielleicht verlieren sie im Flug einen Kern. Er wächst dann im nächsten Jahr an einer Stelle heran, an der es niemand vermutet. So ist es auch bei uns: Was wir im Leben abgeben, trägt an anderen Stellen Früchte.

Ein schönes Hoffnungszeichen für uns Menschen angesichts mancher Verlustängste.
Danke, guter Gott, für die Sonnenblume!

 

Gedanken zum 14. Juli 2023
von Pfarrer Ralf Honig

Wolken

Dunkle Wolken über der Gethsemanekirche – Gott sei Dank! Denn sie spenden Schatten und bringen Regen.

Angesichts der Klimakrise wissen wir auch in den wohlhabenden Ländern der nördlichen Halbkugel das wieder neu zu schätzen. Die Wahrnehmung hat sich geändert.

Wir erkennen: Der Himmel muss nicht nur immer makellos blau sein. Regenwasser ist wichtig und keine Selbstverständlichkeit. Gutes Wetter ist nicht gleichbedeutend mit Sonnenschein.

Dürren und Überschwemmungen auch in unseren Breiten zeigen uns gleichermaßen, wie wichtig ein ausgewogenes Verhältnis von Trockenheit und Nässe für das Leben auf unserer Erde ist.

Und außerdem sind die Wolken auf diesem Bild gar nicht bedrohlich. Die Szenerie ist nicht nur düster. Hinter den Dächern ist zartes Blau zu erkennen, und der Kirchturm steht in sanftem Licht. Ein Hoffnungszeichen gegen die weit verbreitete Untergangsstimmung.

Die Wolken bringen kein Unheil. Sie sind wie die Sonne ein Geschenk des Himmels. Wir sollen deshalb auch im Blick auf unsere Zukunft nicht resignieren oder schwarz sehen, sondern dankbar sein, wenn es regnet.

Gottes wunderbare Schöpfung ist auf Wasser angewiesen. Und wir sind es auch. Wie gut, wenn es regnet! Danke, guter Gott, für die Wolken und den Regen!

 

Gedanken zum 16. Juni 2023
von Pfarrer Ralf Honig

Staunen über die Schönheit der Erde

Wie schön die Erde ist! Durch die Apollo-Missionen Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre haben sich Menschen erstmals so weit von der Erde wegbewegt, dass sie sie als Ganze sehen konnten. Erst seitdem gibt es davon Bilder. Viele der Astronauten waren tief beeindruckt und bewegt von ihrer Schönheit und Zerbrechlichkeit. Auf der Suche nach dem Mond haben sie die Erde gefunden. Eine Lebensoase mit leuchtenden Farben mitten im dunklen All. Eine Heimat für alles, was lebt.

Staunen können auch wir alle über die Schönheit von Gottes Schöpfung. Gerade die Sommerzeit zeigt uns den Reichtum an Leben. Mit allen Sinnen können wir Leben sehen, hören, riechen, schmecken, ertasten. Was für ein großartiges Geschenk! Hoffentlich nehmen wir das alles nicht als selbstverständlich hin. Hoffentlich haben wir das Staunen noch nicht gänzlich verlernt.

Vorbilder können dabei die Kinder sein. Bei ihnen können wir wieder neu lernen zu staunen. Mit ihnen können wir vieles wieder neu entdecken und uns von Herzen freuen über die Schönheit der Schöpfung. Und für die Kinder tragen wir auch besondere Verantwortung im Blick auf die Zukunft. Um ihretwillen darf es uns nicht gleichgültig sein, was aus unserem Planeten wird. Auch sie und alle folgenden Generationen sollen Grund zum Staunen und zur Dankbarkeit haben. Gott braucht uns dafür - welch eine große und wichtige Aufgabe!

 

Gedanken zum 12. Mai 2023
von Pfarrer Ralf Honig

Gebet für die Schöpfung

Der betende Jesus in Gethsemane. In unserer Kirche haben wir ihn ständig vor Augen. Auch wir als Gemeinde sollen eine betende Gemeinde sein. So wie Jesus soll uns das Gebet stärken angesichts großer Not. Und wir sollen dem Gebet auch etwas zutrauen, oft auch gegen den Augenschein. Im Gebet hat alles Platz, was uns bewegt. Und Gott hat offene Ohren für uns.

Der kommende Sonntag Rogate hat in besonderer Weise das Gebet zum Thema. Aber es soll beim Beten nicht nur um uns selber gehen. Die anderen Menschen und auch Gottes gute Schöpfung, deren Teil wir sind, sollen wir in unser Gebet einschließen. Und zum Gebet gehören ganz verschiedene Elemente.

Die Anrede in der Gewissheit, dass Gott immer da ist und unser Gebet ganz sicher hört.

Das Lob und der Dank für die Schönheit des Planeten Erde mit allen Kreaturen und für das Wunder des Lebens.

Die Klage darüber, dass wir Gottes Schöpfung schon so lange ausplündern und die lebensdienliche Ordnung zerstören, die Gott ihr gegeben hat.

Die Bitte und die Fürbitte, dass Gott uns Auswege aus unserem zerstörerischen Tun zeigt und seine Schöpfung auch für unsere Kinder und Kindeskinder ein wunderbarer Lebensraum sein kann.

Das Amen, das unsere Gebetsanliegen unterstreicht in der Gewissheit: Ja, so soll es sein. Darauf hoffe ich und darauf verlasse ich mich.

Das Gebet ist nichts Geringes. Es stärkt uns. Und es zeigt uns Wege zum mutigen Handeln. Gottes Schöpfung wartet sehnlichst darauf.

 

Gedanken zum 14. April 2023
von Pfarrer Ralf Honig

Blütenwunder

Osterzeit. Die Botschaft des Ostermorgens klingt uns noch im Ohr: „Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden!“ Eine Botschaft, die zu groß ist für unseren Verstand. Um diesem Geheimnis auf die Spur zu kommen und wenigstens eine Ahnung von diesem Unbegreiflichen zu bekommen, brauchen wir bildhafte Vergleiche. Am besten aus der Natur. Die Ostertradition ist voll davon.

Ostersymbole zeigen uns auf unterschiedliche Weise den Sieg des Lebens über den Tod. Die glänzende Sonne als Lebensspenderin auf der Erde. Das Ei, das außen hart ist und wie tot erscheint, aus dem aber das Küken schlüpft. Der Hase, der im Frühling viele Hasenjungen bekommt. Der wunderschöne Schmetterling, der sich nach der Verpuppung aus einer unscheinbaren Raupe entwickelt. Und die frischen Blüten überall.

Nelly von unserem „Together“-Team hat dieses digitale Bild gemalt. Es passt mit seinen kräftigen Farben und seinen weißen Blüten auch sehr gut in die Osterzeit. Das Blütenwunder verweist auf neues Leben, in der Natur und hoffentlich auch in der Kirche. Es ist ein Hinweis auf Größeres, ein göttliches Zeichen, das Hoffnung für die Zukunft macht.

Diese Hoffnung brauchen wir angesichts von Umweltzerstörung und Klimakrise, die von uns Menschen gemacht sind. Ostern zeigt uns, dass auch im Blick auf Gottes Schöpfung unser Glaube ein Glaube gegen den Augenschein ist, eine Hoffnung gegen alle Untergangsstimmung. Neues Leben soll es nicht nur für uns, sondern für alle Kreaturen und Gottes ganze Schöpfung geben.

 

Gedanken zum 17. März 2023
von Pfarrer Ralf Honig

Weiter Horizont

Was kommt hinterm Horizont?
Seit Menschengedenken immer wieder eine spannende Frage – nicht nur für die, die sich in der Vergangenheit mit dem Schiff auf große Entdeckungsreise gemacht haben. Der Blick auf den Horizont hat besonders am Meer etwas Faszinierendes. Wir erahnen die Größe unseres wunderbaren Planeten. Nicht nur Kinder stehen immer wieder ehrfürchtig staunend davor.

Was für ein Kontrast zu unserem sonst oft so engen Horizont! Eingeübte Gewohnheiten und Lebensweisen gehören ebenso dazu wie Angst vor Neuem und vor Veränderung. Viel zu oft sind wir Gefangene unserer Denkweisen und Handlungsmuster. Nicht zuletzt dadurch ist in Gottes guter Schöpfung vieles in bedrohliche Schieflage geraten. Wir spüren heute, dass wir nicht einfach so weiter machen können wie bisher. Denn dann erwartet uns hinterm Horizont wirklich ein bedrohliches Szenarium.

Wir brauchen wieder kindliche Neugier und Lust an kreativen Lösungen unserer globalen Probleme. Wir brauchen einen weiten Horizont, um miteinander dafür zu sorgen, dass auch die Menschen nach uns noch auf dieser Erde Leben können. Wir brauchen den Horizont des Glaubens, der uns in Gottes Namen nicht den Untergang sehen lässt, sondern trotz aller Fehler der Vergangenheit für die Zukunft Gutes erwartet. Oder mit der Zuversicht des Psalmbeters ausgedrückt: „Du stellst meine Füße auf weiten Raum.“ (Psalm 31, 9b)

 

Gedanken zum 17. Februar 2023
von Pfarrer Ralf Honig

Biblischer Schöpfungsglaube

„Glauben sie wirklich, dass Gott die Welt in sechs Tagen gemacht hat? Das ist doch lächerlich! Die Naturwissenschaft weiß doch längst, dass am Anfang der Urknall war und seitdem Jahrmillionen vergangen sind.“ Das ist immer wieder mal die Äußerung rational denkender und kritischer Zeitgeister Menschen gegenüber, die in der Kirche aktiv sind.

Glaube und Wissenschaft - seit dem Zeitalter der Aufklärung scheint das ein unüberbrückbarer Widerspruch zu sein, obwohl doch kluge Köpfe nicht selten auch demütig Gläubige waren, die um die Grenzen aller menschlichen Erkenntnis wussten.

Nein, die Schöpfungsgeschichte ist natürlich kein historischer Bericht und auch keine naturwissenschaftliche Abhandlung. Unsere heutigen naturwissenschaftlichen Erkenntnisse konnten die Menschen vor ein paar tausend Jahren ja gar nicht haben - obwohl doch bemerkenswerter Weise die Reihenfolge, in der Leben laut der biblischen Schöpfungsgeschichte entstanden ist, zutrifft. Licht und Wasser waren zuerst da. Dann haben sich Pflanzen und Tiere entwickelt. Erst ganz spät ist der Mensch dazu gekommen. Ein Anlass, bescheiden zu sein.

Die Schöpfungsgeschichte ist ein Glaubensbekenntnis. Nach der Katastrophe der Verbannung nach Babylon stellte sich den Israeliten im Exil die Frage: Sind die babylonischen Götter mächtiger als unser Gott? Liegt er am Ende unter den Trümmern des zerstörten Tempels? Die mit all den anderen Israeliten verschleppten Priester bekennen sich zu Gott und schreiben das auf. Gott ist viel größer als alle vermeintlichen Götter. Er ist nicht nur für sein Volk Israel zuständig, sondern für die ganze Welt, die er erschaffen hat. Es gibt keinen Ort, an dem Gott nicht gegenwärtig ist. Die Erde ist nicht das Produkt eines dämonischen Kampfes, sondern wurde von Gott aus Liebe geschaffen.

Und wir Menschen sind nicht Sklaven finsterer Mächte, sondern von Gott als freie Wesen gemacht, die er mit in die Verantwortung für die Schöpfung nimmt. Gott gibt uns den Auftrag, sie zu beschützen und zu bewahren. Wenn wir das tun, bekennen wir uns glaubwürdig und tatkräftig zu Gott. Das ist heute so wichtig in einer Welt, in der alle Gewissheiten wegbrechen. Wie damals die Verschleppten soll uns die Schöpfungsgeschichte in unserem Glauben stärken. Trotz aller Untergangsszenarien können wir darauf vertrauen: Gott hat noch etwas vor mit seiner guten Schöpfung.

 

Gedanken zum 20. Januar 2023
von Pfarrer Ralf Honig

Schöpfungsgebote

"Verzichts- und Verbotskultur? Nein danke!" - Das ist leider noch immer von manchen Leuten zu hören, wenn es um die dringend nötige Änderung unseres Lebensstils geht. Es wird nur das Negative gesehen, der angebliche Verlust an Freiheit und Lebensqualität, an die wir uns so gewöhnt haben.

Dabei geht es um das genaue Gegenteil. Ein nachhaltiger Lebensstil, der Ressourcen schont, schafft ganz neue Lebensqualität: Luft, die auch in der Stadt wieder geatmet werden kann, grüne Oasen, saubere Gewässer, Lebensraum für Pflanzen und Tiere, stressfreieres Leben ohne ständigen Konsumzwang für uns Menschen. Die renaturierte Isar ist ein schönes Beispiel dafür, dass ehemalige Irrwege wie Flussbegradigungen korrigiert werden können. Viel neues Leben entfaltet sich hier.

Es ist so wie bei den Zehn Geboten der Bibel. Auch die sind keine Verbote, sondern Gebote, hilfreiche Lebensregeln also, oder anders gesagt: Angebote, wie ein gutes Zusammenleben unter den Menschen gelingen kann. Im Blick auf die ganze Schöpfung ist es genauso. Gott will, dass wir im Einklang mit unseren Mitgeschöpfen leben und dadurch auch mit uns selber. Wir verlieren nichts, sondern gewinnen ganz viel.

Dazu braucht es kluge Köpfe und gute Ideen. Wir sollen den Verstand nutzen, den Gott uns gegeben hat. Und wir sollen von der Einsicht zum Handeln kommen. Das Gebet kann ein Anfang sein. Also: Danke, guter Gott, für deine Schöpfungsgebote!